Gefährdungsbeurteilung in der Elektrotechnik
Um herauszufinden wie viel Arbeitsschutz am Arbeitsplatz notwendig ist, müssen zunächst die möglichen Gefahren ermittelt werden. Hierfür schreibt das Arbeitsschutzrecht die Gefährdungsbeurteilung vor.
Die rechtliche Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung ist § 5 „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“ des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Dort heißt es wörtlich:
§ 5 Arbeitsschutzgesetz
(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
- die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
- physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
- die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
- die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
- unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
- psychische Belastungen bei der Arbeit.
Der Arbeitgeber hat somit je nach Art der Tätigkeiten zu beurteilen, welche Gefährdungen für die Beschäftigten mit der Arbeit verbunden sind. Das Arbeitsschutzgesetz formuliert diese Pflicht bereits seit 1996. Viele weitere staatliche wie berufsgenossenschaftliche Regelungen wiederholen und konkretisieren diese Forderung, z.B. die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) oder die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“.
Die Gefährdungsbeurteilung ist eine wichtige Voraussetzung für sicheres Arbeiten – nicht nur in der Elektrotechnik. Hierbei werden systematisch alle relevanten Gefährdungen ermittelt und bewertet, welche Beschäftigte bei ihrer beruflichen Tätigkeit ausgesetzt sind. Auf Grundlage dieser Gefährdungsbeurteilung können dann Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit abgeleitet und umgesetzt werden.
Ziel ist es, die festgestellten Gefährdungen durch entsprechende Maßnahmen auf ein Minimum zu reduzieren. Dabei müssen die Schutzzielvorgaben der Arbeitsschutzgesetzgebung beachtet werden. Diese ergeben sich z.B. aus den Technischen Regeln für Betriebssicherheit als Anhang zur Betriebssicherheitsverordnung. Dabei sind technische vor organisatorischen und diese wiederum vor persönlichen Schutzmaßnahmen auszuwählen.
Aus einer Gefährdungsbeurteilung ergibt sich wiederum eine Arbeitsanweisung, anhand derer durch den Unternehmer unterwiesen wird. Das Vorgehen bei der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung legt die Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) 1111 fest. Besonders wichtig: Gefährdungsbeurteilungen dürfen nur von fachkundigen Personen nach § 2 Absatz 5 Betriebssicherheitsverordnung durchgeführt werden.
Gefährdungsbeurteilungen sind das zentrale Präventionsinstrument im Arbeitsschutzrecht. Jeder Betrieb muss die Unfallgefahren und Gesundheitsrisiken für seine Mitarbeiter ermitteln, bewerten und daraus geeignete Schutzmaßnahmen ableiten. Damit wird die Gefährdungsbeurteilung zur Grundlage für die weitere Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes wie Betriebsanweisungen oder Sicherheitsunterweisungen.
Pflicht zur Dokumentation bei Gefährdungsbeurteilungen
Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die vom Unternehmer festgelegten Maßnahmen und das Ergebnis ihrer Überprüfung sind zu dokumentieren (§ 5 bzw. 6 ArbSchG).
Der Unternehmer hat Gefährdungsbeurteilungen insbesondere dann zu überprüfen und die Betriebsanweisungen anzupassen, wenn sich die betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz verändert haben.
Vorgehensweise bei gleichartiger Gefährdung
Die Gefährdungsbeurteilung kann von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz abweichen; dann ist für jeden Arbeitsplatz oder jede Arbeitsstelle eine eigene Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Es kann aber auch bei gleicher Gefährdung an verschiedenen Arbeitsplätzen nur eine Gefährdungsbeurteilung ausreichend sein.
Bei gleichartigen Gefährdungen kann nach Betrachtungsbereichen zusammengefasst werden:
- arbeitsplatzbezogen (z.B. Lärmeinwirkung auf mehrere stationäre Arbeitsplätze)
- tätigkeitsbezogen (z.B. Bildschirmarbeit)
- personenbezogen (z.B. bestimmte Personengruppen – Jugendliche)
Checkliste für Gefährdungsbeurteilungen
Gesichtspunkte, die bei einer Gefährdungsermittlung berücksichtigt werden müssen:
- Wie ist der Arbeitsplatz im Betrieb oder die Arbeitsstelle außerhalb des Betriebs beschaffen?
- Welche Tätigkeiten werden ausgeführt?
- Wie viele Personen sind betroffen?
- Welche konkreten Gefährdungen gibt es?
- Welche möglichen Gefahrenquellen sind zu beachten?
- Welche Schutzmaßnahmen sind getroffen?
- Sind die vorhandenen Schutzmaßnahmen ausreichend?
- Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden?
- Wie werden die Maßnahmen realisiert?
- Wer führt sie durch (Namen der Personen, die den Arbeitsauftrag erhalten)?
- Welche Werkzeuge, Hilfsmittel oder persönlichen Schutzausrüstungen sind vorhanden?
Mögliche Gefährdungen
Zu berücksichtigende Gefährdungen können sich insbesondere ergeben aus:
- der Gestaltung des Arbeitsplatzes (z.B. Ergonomie)
- der Gestaltung der Arbeitsstätte (z.B. Baustellen)
- Einwirkungen wie z.B. Kälte, Staub, Strahlung, Lärm, Bakterien
- der Gestaltung der Arbeitsmittel (z.B. Verwendung von Gefahrstoffen, Pressen, elektrischen Betriebsmitteln, Anlagen sowie dem Umgang damit)
- der Gestaltung der Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe, der Arbeitszeit
- unzureichender Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten